Abfindung

[Netzwerk-Arbeitsrecht] [Arbeitsrecht in Stichwor ten] [Kurzarbeit und Steuern] [Bewerbung] [Arbeitsvertrag] [Arbeitsverhältnis] [Kündigung] [Kündigungsschutz] [Rechte und Pflichten I] [Rechte und Pflichten II] [Arbeitsschutz I] [Arbeitsschutz II] [Umwelt- und Arbeitsrecht]

Die Abfindungsansprüche

Abfindungsansprüche können freiwillig vom Arbeitgeber gezahlt werden oder es kann eine Verpflichtung zur Zahlung bestehen. Eine Verpflichtung kann sich sowohl aus individualvertraglicher Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ergeben, als auch aus betrieblicher oder tariflicher Vereinbarung. Gesetzich geregelte Fälle eines Abfindungsanspruchs sind § 113 BetrVG, § 1 a und § 9 KSchG. Ein genereller Anspruch auf eine Abfindungszahlung besteht aber nicht.

Abfindungsanspruch nach § 9 KSchG

Stellt das Gericht fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen, § 9 Abs.1 S.1 u. 2 KSchG.

Für die Entstehung eines Abfindungsanspruchs sind verschiedene Voraussetzungen zu erfüllen. Es muss zunächst eine, vom Gericht für unwirksam erklärte, Kündigung vorliegen. Der Grund der Unwirksamkeit ist dabei unerheblich, wichtig ist nur, dass die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers erfolg hat.

Des weiteren muss ein Antrag bezogen auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses vorliegen. Er kann vom Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer gestellt werden.

Wichtig ist aber, dass der Antrag begründet ist, d.h. ein Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses besteht, obwohl die Kündigung an sich unwirksam war. Aus Sicht des Arbeitnehmers ist dies der Fall, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für ihn unzumutbar ist. Dabei hat das Gericht alle Gründe zu beachten, die bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen.

Gründe für eine Auflösung können z.B. sein: beleidigende oder ehrverletzende Äußerungen in der Kündigung selbst, leichtfertige Verdächtigung einer Straftat, sonstige Beleidigung durch Arbeitgeber, auch das Verhalten Dritter kann einen Auflösungsgrund darstellen, wenn der Arbeitgebers dieses durch sein Verhalten bedingt hat, ein Grund kann auch sein, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung wegen falscher Sozialauswahl angegriffen hat und nun die Kündigung eines im Betrieb beliebten Kollegen droht und der Arbeitnehmer nun mit Repressalien durch Kollegen rechnen muss.

Aus Sicht des Arbeitgebers kommen beispielsweise folgende Gründe in Betracht, wobei wichtig ist, dass in diesem Fall die Kündigung wenigstens auch wegen Sozialwidrigkeit unwirksam sein muss, bei Unwirksamkeit ausschließlich aus anderen Gründen, kann der Arbeitgeber den Auflösungsantrag nicht erfolgreich stellen: ernsthafte Zweifel an ärztlich attestierter Arbeitsunfähigkeit, erhebliche Verletzung der Persönlichkeitsrechte anderer Kollegen oder des Arbeitgebers selber, Beleidigungen, Drohungen, Verleumdungen. 

Zu beachten ist zum einen, dass derjenige, der den Auflösungsantrag stellt, die Auflösungsgründe beweisen muss und zum anderen, dass die vorgebrachten Gründe im Zusammenhang mit der Kündigung stehen müssen.

Für den Auflösungsantrag durch den Arbeitgeber enthält § 14 Abs.2 S.2 KSchG noch eine Besonderheit: gegenüber leitenden Angestellten bedarf dieser Antrag danach keiner Begründung.

Der Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses wird nach § 9 Abs.2 KSchG durch das Gericht auf den Zeitpunkt festgelegt, zu dem eine sozialgerechtfertigte Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet hätte.

Die Höhe des Abfindungsanspruchs bestimmt sich nach § 10 KSchG. Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen. Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat. Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.

Abfindungsanspruch nach § 1 a KSchG

Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs.2 S.1 KSchG und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 S.1 KSchG (3 Wochen) keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichen lassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. § 10 Abs.3 KSchG gilt entsprechend (Berechnung eines Monatsverdienstes). Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.

Dieser Anspruch entsteht erst mit Ablauf der Kündigungsfrist. Er stellt eine Möglichkeit für Arbeitgeber dar, ohne zeitaufwendigen Prozess eine wirksame Kündigung herbeizuführen. Anwendung findet § 1 a KSchG aber nur bei betriebsbedingten, nicht hingegen bei personen- oder verhaltensbedingten Kündigungen.

Abfindungsanspruch nach § 113 BetrVG

Bei Betriebsänderungen gem. § 111 BetrVG soll nach § 112 BetrVG ein Interessenausgleich zwischen Unternehmer und Betriebsrat über die geplante Betriebsänderung stattfinden. Betriebsänderungen i.S.v. § 111 S.3 BetrVG sind (1.) die Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen, (2.) die Verlegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen, (3.) Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder Spaltung von Betrieben, (4.) grundlegende Änderung von Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen und (5.) die Einführung grundlegender neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

Weicht der Unternehmer von einem Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung ohne zwingenden Grund ab, so können Arbeitnehmer, die infolge dieser Abweichung entlassen werden, beim Arbeitsgericht Klage erheben mit dem Antrag, den Arbeitgeber  zur Zahlung einer Abfindung zu verurteilen, § 113 Abs.1 S.1 BetrVG. Für die Höhe der Abfindung gilt wiederum § 10 KSchG:

Es ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen. Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat. Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.

Erleidet der Arbeitnehmer infolge der Abweichung vom Interessenausgleich andere wirtschaftliche Nachteile (als den Verlust des Arbeitsplatzes), so hat der Arbeitgeber diese Nachteile bis zu einem Zeitraum von zwölf Monaten auszugleichen, § 113 Abs.2 BetrVG. Beispiele für derartige Nachteile sind erhöhte Fahrtkosten und Umzugskosten.

Versucht der Unternehmer im Fall einer Betriebsänderung nicht einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat herbeizuführen, stehen den Arbeitnehmern ebenfalls die schon genannten Möglichkeiten offen, § 113 Abs.3 BetrVG.

 

Abfindungsansprüche nach Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung

Auch aus Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen können sich Abfindungsansprüche ergeben. Deren konkreter Inhalt kann von den Parteien grundsätzlich frei verhandelt werden, ebenso die Voraussetzungen unter denen der Abfindungsanspruch entstehen soll. Für die Fragen der Wirksamkeit des jeweiligen Anspruchs ist also der im Einzelfall einschlägige Tarifvertrag, bzw. die Betriebsvereinbarung heranzuziehen.

 

Abfindungsanspruch und Steuern

Abfindungszahlungen sind grds. der Einkommensteuer unterliegendes Einkommen nach § 24 Nr.1 a) EStG. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie aus einer unfreiwilligen Auflösung des Arbeitsverhältnisses stammen und als Ersatz für entgehende Einnahmen gewährt werden (Kirchhof/Mellinghoff, EstG, §24, Rn.17). Unfreiwillig ist die Auflösung z.B., wenn die Kündigung durch den Arbeitgeber erfolgt, der Arbeitsplatz im Rahmen von Rationalisierungsmaßnahmen wegfällt oder mit einem Konkursverwalter die vorzeitige Auflösung vereinbart wird. Liegt der Kündigungsgrund aber in einem Fehlverhalten des Arbeitnehmers, so stellt die Abfindung keine Einnahme i.S.d. § 24 Nr.1 a) EstG dar.

Für die Fälle der unter § 24 Nr.1 a) EstG fallenden Abfindungszahlungen findet eine begünstigte Besteuerung nach § 34 EstG statt, § 34 Abs.2 Nr.2 EstG. Dies ist die sog. „Fünftelungs-Regelung“. Dabei ist es unerheblich, auf welcher Rechtsgrundlage die Abfindungszahlung selbst beruht. Abfindungen sind also nicht mehr wie nach alter Rechtslage teilweise steuerbefreit nach § 3 EStG. 

 

Abfindungsanspruch und Insolvenz

Das Schicksal der Abfindungsforderung im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers unterscheidet sich je nach Zeitpunkt der Abfindungsvereinbarung.

Ist die Abfindung noch mit dem Arbeitgeber und damit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinbart worden, so handelt es sich um eine Insolvenzforderung nach §§ 38, 108 Abs.3 InsO.

Wird die Abfindung hingegen mit dem Insolvenzverwalter und damit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinbart, so wird sie Teil der Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs.1 Nr.1 InsO.

Letzteres ist im Zweifel günstiger für den Arbeitnehmer, da die Masseverbindlichkeiten vorab, d.h. vor den weiteren Forderungen anderer Insolvenzgläubiger, befriedigt werden, § 53 InsO. Anderenfalls läuft der Inhaber des Abfindungsanspruchs Gefahr, dass keine ausreichende Masse zur Befriedigung seiner Forderung mehr vorhanden ist.

 

 

Netzwerk-Arbeitsrecht, www.arbeitsrecht.net, Bielefeld 2009 !

 

 

[Netzwerk-Arbeitsrecht] [Arbeitsrecht] [Bewerbung] [Arbeitsvertrag] [Arbeitsverhältnis] [Beendigung] [Kündigung] [Kündigungsschutz] [Tarifparteien] [Kommentiertes Arbeitsrecht] [Steuerrecht] [Sozialversicherungsrecht] [Rechtsprechung] [Rechte und Pflichten I] [Rechte und Pflichten II] [Arbeitsschutz I] [Arbeitsschutz II] [Umwelt- und Arbeitsrecht] [Datenschutz, Produkthaftung und Arbeitsrecht] [Arbeitsrecht in Stichworten] [Rechtsprechung] [Anwälte] [Jobs] [Weiterbildung] [Gesetze] [Links] [Literatur] [Aktuelles] [Newsletter] [Beratung] [Impressum] [Kurzarbeit und Steuern]