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Die wohl unangenehmste Ausprägung des “Rechts” ist das Strafrecht. Dieses regelt das stattliche Verbot, gerichtet an alle Bürger, bestimmte Dinge nicht zu tun. Vor allem regelt das Strafrecht aber auch, was passiert, wenn dieses Verbot verletzt wird. Dann nämlich bestraft der Staat seinen Bürger im Ernstfall Freiheits- oder Geldstrafen.
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Das Verhältnis des Staats zu seinen Bürgern ist auch Thema des Öffentlichen Rechts. Im Gegensatz zum Strafrecht geht es dabei aber nicht um die Ahndung eines verbotenen Verhaltens, sondern um alle anderen Beziehungen, die zwischen “Vater Staat” und seinen Bürgern bestehen. Dazu gehören, als bekanntestes, das Steuerrecht, aber auch das Sozialrecht einschließlich Arbeitslosengeld und Sozialhilfe und das Gewerberecht, also die Vorschriften und Regeln zur wirtschaftlichen Betätigung, etwa im Bereich des Umweltschutzes.
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Im Gegensatz zu den beiden anderen Gebieten regelt hingegen das Bürgerliche Recht die Beziehungen und Verhältnisse zwischen den einzelnen Bürgern, wobei als “Bürger” insofern auch alle Unternehmen und Vereine gelten. Der Staat ist dabei also nicht Beteiligter der Rechtsbeziehungen, sondern nur “Schiedsrichter”
Das wichtigste Gesetzbuch im Bürgerlichen Recht ist das “Bürgerliche Gesetzbuch (BGB)”. Dieses gilt grundsätzlich zunächst einmal für jeden, also egal ob Lehrling oder Großkonzern. Das BGB ist zwar schon ca. 100 Jahre alt, weil die dort aufgestellten Spielregeln aber so vernünftig und allgemein gehalten sind, stellt es heute noch die Grundlage und auch das “Netz” für alle bürgerlichen Rechtsfragen dar; d.h., wenn ein Problem woanders nicht geregelt ist, dann findet sich die Antwort zumindest im BGB.
Da aber nicht alle Bürger gleich sind, gibt es darüber hinaus besondere “Spezialgesetze”, die für bestimmte Personen und Firmen und für bestimmte Situationen auch spezielle Regeln aufstellen. So ist z.B. das “Handelsgesetzbuch (HGB)” wichtig für Kaufleute, also Personen oder Firmen, die sich beruflich bzw. gewerblich mit dem Kaufen und Verkaufen von Waren beschäftigen.
Alle diese Gesetze zusammen bilden dann das Bürgerliche Recht, manchmal auch “Privatrecht” oder auch “Zivilrecht” genannt.
Einige gute Übersichten zu den wichtigsten aktuellen Gesetzen findet sich unter
http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/GESAMT_index.html
http://www.gesetze.2me.net/
II. spezielle Rechtsgrundlagen des Arbeitsrechts
Diese Aufteilung gilt grundsätzlich auch für alle diejenigen Rechtsgrundlagen, welche für das Arbeitsrecht maßgeblich sind
Das Arbeitsrecht teilt sich in
- Individualarbeitsrecht
- Arbeitsvertragsrecht
- Arbeitsschutzrecht
- und
- Kollektives Arbeitsrecht
- Tarifvertragsrecht
- Arbeitskampfrecht
- Betriebsverfassungsrecht
Das individuelle Arbeitsrecht regelt die Beziehungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgeber, es ist Bestandteil des Bürgerlichen bzw. Zivil- oder auch Privatrechts und muss daher immer auch vor dem Hintergrund der dortigen “Grundregel” verstanden werden
Das kollektive Arbeitsrecht regelt demgegenüber die Beziehungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden bzw. zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, und zwar im Sinne eines allgemein gültigen Rahmens, welches – ganz ähnlich wie die Gesetze – einer Vorgabe für die individuellen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer schaffen soll. Die im kollektiven Arbeitsrecht vereinbarten Vorschriften schränken also die im Grundsatz garantierte, privatrechtliche Vertragsfreiheit zu Gunsten des Arbeitnehmers ein.
Es stellt sich also die Frage, wie die unterschiedlichen Regelungsvorgaben untereinander in Einklang gebracht werden, oder kurz gesagt; Welches Recht ist im Zweifel vorrangig?
Dazu gibt für das Arbeitsrecht eine als sog. Rangprinzip entwickelte Faustformel. Dieses Prinzip sagt aus, dass höherrangiges Recht die kollidierenden Regelungen der “darunter liegenden” Rechtsgrundlagen überlagert und verdrängt.
Findet sich also zum Beispiel sowohl in einem förmlichen Gesetz als auch in einem Tarifvertrag eine Regelungsvorgabe zu einer bestimmten Frage, so hat grundsätzlich die gesetzliche Regelung Vorrang. Dasselbe gilt, wenn beispielsweise die Arbeitsvertragsparteien eine gesetzlich bereits geregelte Frage nochmals behandeln und etwa entgegengesetzt beantworten. Das Rangprinzip schafft die gegenseitige Abstufung der unterschiedlichen Rechtsquellen:
- Verfassung
- Gesetz
- Rechtsverordnung
- Tarifvertrag
- Betriebsvereinbarung
- Arbeitsvertrag
- Weisung des Arbeitgebers
Damit aber im Ergebnis stets heraus kommt, dass der Arbeitnehmer geschützt wird, gilt außerdem, dass eine nachrangige Vorschrift dennoch immer dann zum Zuge kommt, wenn sie für den Arbeitnehmer vorteilhafter ist, Für diese Grundregel hat sich der Begriff des "Günstigkeitsprinzips" entwickelt.
Rechtsanwalt Ulf Richter, Bielefeld 2007 / 2008.